Moderne Netzwerkspeicher (NAS) sind Multitalente: Sie verteilen Musik und Videos, nehmen es locker mit der größten Bildersammlung auf und wahren im Vergleich zu Cloud-Anbietern wie Google Drive, DropBox oder OneDrive die Privatsphäre. Wir sagen, worauf es ankommt.
Um große Sprüche sind CloudAnbieter nicht verlegen: wenig Aufwand, viel Sicherheit und geringe monatliche Kosten. Die Kehrseite der Medaille: Wer seine Daten in der Wolke abliefert, hat darüber keine Kontrolle mehr. Das ist vor allem bei sehr persönlichen Dokumenten ein zweischneidiges Schwert. Zudem ist nicht alles erlaubt. Die meisten Anbieter schließen inhaltlich eine ganze Menge aus – und sperren den Account, wenn fortgesetzt Verstöße festgestellt werden. Darüber hinaus sind Google Drive (künftig Google One), OneDrive, DropBox & Co. immer nur so schnell wie die eigene Internet-Verbindung. Auf die Upload-Rate kommt es an. Als sehr gute Tagesaktuelle Preise erhalten Sie von Ihrem Händler vor Ort. Geschwindigkeit gelten derzeit 50 Mbit/s. Auch wenn das schnell klingt – es ist nur ein Zwanzigstel dessen, was ein normales Gigabit-Netzwerk in den eigenen vier Wänden bereitstellt. Wer schon mal versucht hat, größere Dateien wie aufgezeichnete TV-Spielfilme oder ein Notebook-Back-up in einen Cloud-Speicher zu kopieren, weiß, dass dies ein langwieriges Unterfangen werden kann. Beispiel: Um nur 100 GByte Daten in Richtung Cloud zu kopieren, müssen je nach Internet-Anbindung bis zu 36 Stunden eingeplant werden. Bei einem Leitungsausfall fängt die Übertragung wieder von vorne an. Zudem werden Cloud Dienste schnell horrend teuer, wenn es um große Speicherkapazitäten geht.
Die eigene Cloud
Keine guten Aussichten für private Datensammler also, es gibt aber eine Lösung: Sogenannte Netzwerkspeicher holen die Cloud in die eigenen vier Wände. Ganz vorne mischen die Hersteller Synology, QNAP und Western Digital (WD) mit. Der letztgenannte Anbieter ist vor allem für seine Festplatten bekannt, die in Millionen Computern, Servern und Rechenzentren werkeln. WD hat sich zum Ziel gesetzt, NAS-Laufwerke wohnzimmertauglich zu gestalten. Tatsächlich fügen sich die vergleichsweise leisen Geräte gut in moderne Einrichtungen ein. QNAP und Synology legen weniger Wert auf schmeichelhafte Optik, sondern eher auf größere Speicherkapazitäten und Prof-Features. Mit der TS-251B hat QNAP seit Kurzem ein preiswertes NAS im Sortiment, das mit einem PCIe-Anschluss ausgestattet ist. Darüber lassen sich beliebige Erweiterungen einstecken. Zum Beispiel eine DVB-S2-Karte für den digitalen Satellitenempfang. Auf der Vorderseite des Geräts befindet sich nicht nur ein Infrarot-Empfänger für die Fernbedienung, sondern auch eine USB-3.0-Buchse. Weil die TS-251B fürs Wohnzimmer gedacht ist, sind auf der Rückseite zwei Mikrofon-Eingänge und ein HDMI- 1.4b-Anschluss für die 4K-Ausgabe bei 30 Hz zu finden. Der Celeron-Prozessor im Inneren hat zwei Kerne und wird mit 2,5 GHz getaktet. Das reicht, um zwei 4K-Streams parallel auszugeben.
Viele Vorteile
Egal, von welchem Anbieter, fast alle Systeme erlauben einen sicheren Datenzugriff nicht nur von zu Hause aus, sondern auch von unterwegs. Das funktioniert unter allen modernen PC-Betriebssystemen – aber auch mit Tablet und Smartphone. Zumindest dann, wenn eine Internet-Verbindung vorhanden ist. Und natürlich können Sie jederzeit auch der Familie oder Freunden per Mausklick Zugriff beispielsweise auf Bilder-Bibliotheken erlauben, ohne Angst haben zu müssen, dass Urlaubsbilder von wildfremden Menschen gesehen werden. Diese sogenannte Freigabe (ähnlich der „Teilen“-Funktion in den sozialen Netzwerken) funktioniert bei Synology, QNAP und WD über eine moderne, grafische Benutzeroberfläche im Browser und ist selbsterklärend. Ein weiterer Vorteil ist die Datensicherheit: Denn fast alle, auch die preiswerten Netzwerkspeicher kommen mit einem Schutz vor einem Festplattenausfall. Wenn eine Platte unerwartet kaputtgeht, sind die Daten nicht in Gefahr. Ist ein Speicher defekt, meldet sich das Gerät mit einem Piepton und zeigt über eine LED an der Front an, welche Festplatte ausgetauscht werden muss. Einfach herausziehen, neue Platte mit gleicher oder höherer Kapazität einstecken, fertig. Das ist keine Zauberei und lässt sich auch von technischen Laien durchführen.
Alle NAS-Systeme lassen sich auch von blutigen Anfängern einrichten.
QNAP und Synology bieten darüber hinaus die Möglichkeit, über zahlreiche, simpel zu installierende Apps Funktionalität nachzurüsten, die Cloud-Anbieter in diesem Umfang nicht liefern. Diese Installation ist genauso einfach wie mit einem iPhone oder Android-Gerät. Ein gutes Beispiel ist der Medien-Server Plex, der Bilder, Filme und Musik wie bei Netflix vom heimischen Server abrufbar macht. Aber auch Viren-Scanner warten darauf, installiert zu werden. Oder ein eigener Online Kalender samt Mail-Server (ohne Google-Schnüffelei), iTunes-Server, Ofce (um z. B. vertrauliche Dokumente gemeinsam und gleichzeitig zu bearbeiten) oder eine übersichtliche Zentrale für die Überwachungskameras in Haus oder Wohnung. Selbst Redaktionssysteme wie Drupal oder Joomla stehen bereit, um eine eigene Website von zu Hause aus zu betreiben.
Netzwerkspeicher: Die Einrichtung
Inzwischen lassen sich alle NAS-Systeme für zu Hause auch von blutigen Anfängern einrichten. Umständliche Prozeduren und tief greifende technische Kenntnisse sind nicht mehr nötig. Sie brauchen dafür nur ein Tablet oder einen PC mit einem Browser wie Chrome, Safari, Opera, Firefox oder Edge. Am besten funktioniert die Ersteinrichtung über eine direkte Verbindung der NAS per Netzwerkkabel an den heimischen Router wie die Fritz!Box. Danach müssen Sie nur noch die entsprechende Adresse im Browser eintippen und die Einrichtung in wenigen Schritten absolvieren. Im Fall von Synology ist das beispielsweise fnd.synology.com. Der ganze Prozess dauert nach dem Auspacken, Aufstellen und Anschließen des Geräts tatsächlich nur wenige Minuten. Unter anderem werden Sie nach einer Erlaubnis für automatische Updates gefragt oder ob die NAS über das Internet erreichbar sein soll. Und Sie werden dazu aufgefordert, ein sogenanntes Volume anzulegen. Weil Netzwerkspeicher in der Regel eine größere Speicherkapazität aufweisen, können Sie die eingebauten Festplatten beliebig einteilen. Beispielsweise in ein Volume für berufliche Dinge oder in ein davon unabhängiges Volume für private Dateien.
Ach ja: Wie viele Festplatten Sie anfangs in eine NAS einstecken, bleibt Ihnen überlassen. Alle angelegten Volumes können jederzeit nachträglich auf neu eingesteckte Platten erweitert werden.
Die Kosten für einen Netzwerkspeicher
Je nach Modell und benötigter Speicherkapazität fallen Kosten zwischen 300 und 900 Euro an. Dazu kommen bei QNAP und Synology noch die Festplatten. Faustregel: Je mehr Daten, desto teurer. Sehr wichtig: Kaufen Sie keinesfalls Desktop-Festplatten für den NAS-Betrieb. Diese eignen sich grundsätzlich nicht für einen Dauerbetrieb. Auch wenn es verführerisch klingt, weil diese Variante erheblich preiswerter ist als eine NAS-fähige Festplatte. Cloud-Anbieter wie Google oder Microsoft sind auf den ersten Blick preiswerter. Aber eben nur auf den ersten Blick. Wer vergleicht stellt fest, dass die Kosten für eine eigene NAS niedriger sind. Sie lässt sich zudem schnell und billig erweitern, ist zu Hause viel schneller als die Cloud – und Ihre Privatsphäre bleibt gewahrt.