Smarte Geräte werden schlauer – nicht nur mit intelligenten Lautsprechern greifen uns Assistenten unter die Arme. Auch Haushaltsgeräte wie Wasch- und Spülmaschinen kommen bald mit einem elektronischen Gehirn. Geht es in unseren Wohnzimmern und Küchen mit Künstliche Intelligenz also künftig zu wie bei „Star Trek“?
Wenn Jean-Luc Picard alias Patrick Stewart an Bord seines Raumschiffs Enterprise mit dem allgegenwärtigen Computer spricht, schlagen die Herzen von Science-Fiction-Fans höher. Denn das, was sich dort abspielt, ist noch immer Zukunftsmusik. Das elektronische Gehirn beantwortet nicht nur simple Fragen – z.B. nach dem aktuellen Aufenthaltsort des Ersten Offiziers –, sondern macht eigenständige, intelligente Vorschläge. Es weist Picard auch auf logische Fehler hin und entwirft komplette Problemlösungen in Krisensituationen, vor denen die gesamte Besatzung der „Enterprise“ zuvor kapitulierte. Bis eine solche Intelligenz nicht nur in gut gemachten Fernsehserien zur Verfügung steht, ist es noch ein langer Weg.
KI? Derzeit mehr K als I
Das wird in der Gegenwart schon bei vergleichsweise trivialen Problemen wie denen mit selbstfahrenden Autos klar. Die Technologie steht trotz jahrelanger Bemühungen der Branchenriesen Google, Uber, BMW oder Tesla noch am Anfang – weil es für den simplen Straßenverkehr mit all seinen Besonderheiten Millionen Regeln gibt, die künstliche Systeme erst mühsam lernen müssen. Selbst der Mensch braucht mit seinen überragenden sensorischen Fähigkeiten Monate, um sich weitgehend gefahrlos im dichten Verkehr zu bewegen. Was läge da näher, als KI-Systeme zunächst als Problemlöser in einfacheren Umgebungen wie dem Haushalt einzusetzen? Nichts! Dachte sich wohl auch der weltgrößte Online-Einzelhändler Amazon und produzierte mit dem „Echo“ einen kommerziell sehr erfolgreiche Sprachsteuerung samt Lautsprecher, dessen künstliche Intelligenz „Alexa“ zumindest einfache Fragen nach dem Wetter oder den Öffnungszeiten des nahe gelegenen Kinos dank Internet-Anbindung beantworten kann. Google, Apple und Samsung zogen nach. Aber nicht nur das: Durch ein Zusammenspiel mit anderen online-fähigen Geräten im Haushalt kann man auch Lampen an- und ausschalten, Fenster schließen oder von unterwegs nachschauen, wer gerade an der Tür läutet. Dafür wurde unter dem Dach der Open Connectivity Foundation (OCF) ein eigenes Protokoll entwickelt, damit sich alle KI-Geräte untereinander auch wirklich verstehen. Um im smarten Zuhause eine größere Rolle zu spielen, schluckte Amazon erst kürzlich für eine Milliardensumme den US-Anbieter Ring, der sich auf Überwachungssysteme von Wohnungen spezialisiert hat.
Wenn der Kühlschrank mit dem Backofen …
Kein Wunder, über 50 Milliarden Euro sollen sich mit intelligenten Haushaltshelfern bald jährlich umsetzen lassen, prognostizieren Experten. Auch Konzerne wie Samsung oder LG wissen das und setzen deshalb alles auf die KI-Karte für Haus und Wohnung.
Samsung und LG machen alle Haushaltsgeräte intelligent
Samsung beispielsweise gründete fünf Zentren für künstliche Intelligenz („AI Centres“), die über den ganzen Globus verteilt sind. Das milliardenschwere Unternehmen will bis spätestens 2020 in praktisch allen Haushaltsgeräten intelligente Assistenten werkeln lassen. So sollen sich die Staubsauger des Herstellers künftig mit Stimmkommandos in Räume rufen lassen, um dort sauberzumachen. Oder Waschmaschinen die Art der Wäsche selbstständig erkennen – ohne mühsame Fummelei in komplizierten Menüs. Mikrowellen und Backöfen wiederum bestimmen bald mit optischen Sensoren die Beschaffenheit von Lebensmitteln und passen die Garzeit optimal darauf an, Geschirrspüler die Anzahl der Teller und den Verschmutzungsgrad – Stromersparnis inklusive. Selbst notwendige Reparaturen sollen die Samsung-Geräte in Zukunft erkennen und selbstständig mit entsprechenden Service-Centern Kontakt aufnehmen. Eine wichtige Rolle kommt dem intelligenten Assistenten „Bixby“ zu, der bislang nur bei Smartphones wie dem Galaxy S9 eine Rolle spielt.
Der Konkurrent LG, wie Samsung auch bei Haushaltsgeräten sehr aktiv, zieht mit. Bis Ende des Jahres kommen erste Klimaanlagen auf den Markt, die sich über die Stimme steuern lassen und über ausgefeilte Algorithmen tageszeitabhängige Wohlfühltemperaturen erzeugen. Ohne starre Grad-Eingabe. LG nennt seine KI-Plattform „TinQ“, und die soll künfig in alle Geräte des Multis integriert werden. Ein Beispiel: Der weiterentwickelte intelligente Kühlschrank „Instaview TinQ“ kann über ein Riesen-Display auf der Front nicht nur Rezepte anzeigen, das aktuelle Wetter oder Einkaufslisten. Bei Entnahme eines Lebensmittels wie beispielsweise eines Huhns werden automatisch entsprechende Rezepte angezeigt und sogar der „TinQ“-fähige Backofen auf Wunsch auf eine entsprechende Temperatur vorgeheizt. Amazon Alexa und Google Home sind integriert, damit lassen sich vorhandene smarte Lautsprecher als Befehlsempfänger für LG-Küchengeräte nutzen. Auch im Wohnzimmer will LG eine größere Rolle spielen und ging deshalb eine Partnerschaft mit dem Möbelanbieter BoConcept ein.
Der chinesische Smartphone-Riese Xiaomi setzt schon jetzt auf künstliche Intelligenz, wenn es um Übersetzungen geht. So kann das neue Telefon QIN AI beispielsweise 17 Sprachen simultan in Echtzeit übersetzen. Noch vor ein paar Jahren wäre die dazu notwendige Technologie so groß gewesen wie ein Aktenkoffer. Im September 2018 kam es zunächst in Asien auf den Markt.
Künstliche Intelligenz: Kompliziertes vereinfachen
Das Ziel aller Anbieter ist das gleiche: Wenn Haushaltsgeräte, Telefone oder Fernseher immer mehr Features erhalten und immer komplizierter werden, sollen intelligente Assistenten die Bedienung ohne wochenlanges Studium von Anleitungen ermöglichen. Dabei spielen selbstlernende Systeme eine wichtige Rolle, weil sie in vielen Situation erahnen, welche Funktion als Nächstes gefordert ist.