100 Jahre Loewe Geschichte brachten 150 iF Design-Awards und unzählige weitere Auszeichnungen. Loewe hat mit der Gestaltung von Produkten Geschichte geschrieben. Immer wieder gelingt Loewe eine Formensprache, die Technik, Stil und Emotion harmonisch verbindet und in den Alltag integriert. Eine klare Ansage an alle Wett-bewerber der Kronacher Traditionsschmiede.
Aktuell feiert der deutsche Traditionshersteller Loewe aus dem fränkischen Kronach sein Hundertjähriges. Die Zeiten waren bewegt und wahrlich nicht immer einfach für das Unternehmen, dessen Geschichte 1923 unter dem Namen Radiofrequenz GmbH in Berlin begann. Siegmund Loewe, seines-zeichens Physiker und Erfinder, und sein Bruder David Ludwig, ein Mathematiker und Vertriebsspezialist, gründeten die Firma, die über eine eigene Röhrenproduktion verfügte. 1931 präsentierte man auf der IFA in Berlin den ersten vollelektronischen Fernseher – ein Meilenstein der Technik. Zu den Hauptumsatzträgern dieser Zeit zählten jedoch mehr die Radioempfänger. Waren diese anfangs noch klar auf die Technik fixiert, änderte sich das über die Jahre und Loewe designte Empfänger, die durchaus als avantgardistisch gelten können. Die Modelle „Opta 537“ und insbesondere „Opta 838“ unterschieden sich durch ihr für jene Zeit schon futuristisches Styling nachhaltig vom Wettbewerb. So verwundert es nicht, dass Loewe erstmals auch die Ästhetik der Geräte als Verkaufsargument ansah.
Zeitenwechsel.
Loewe war in den Anfängen, aber auch in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, ein wahrer Innovationstreiber. So entwickelte man das weltweit erste Tonbandkassettengerät und 1961 den ersten europäischen Videorekorder. Die Markteinführung scheiterte, denn in Format und Gestaltung waren die Geräte eher im Studiobereich angesiedelt denn in den Wohnstuben jener Zeit. Gelsenkirchener Barock bezeichnet man noch heute ironisch den Wohnstil jener Zeit mit wuchtigen, meist gerundeten, gar verzierten Holzmöbeln in Edelholzfurnier. Die Menschen waren noch nicht so weit.
Neue gestalterische Ansätze wie sie der Architekt und Designer Max Bill, Mitbegründer der Hochschule für Gestaltung Ulm, vertrat, waren im Vergleich radikal und fanden zuerst nur bei wenigen Unternehmen Anklang. Dazu jedoch zählte Braun. Auf der Funkausstellung 1955 in Düsseldorf stellte man ein Produktprogramm vor, das in seiner Klarheit und Konsequenz schlicht neu war. Prägend waren die Ulmer Otl Aicher, Hans Gugelot und natürlich Dieter Rams. Mit anderen Absolventen der Hochschule begründeten sie den Ulmer Neofunktionalismus. Wie wohl keinemanderen Hersteller gelingt Loewe seit Jahrzehnten die Symbiose von Technik und Kunst.
Neue Wege, neue Produkte
An Loewe ging das nicht spurlos vorüber. 1966 übernahm Heinz Jünger die Leitung der Designabteilung von Loewe. Erhielten früher fertig entwickelte Produkte quasi nur noch einen passenden Mantel, beschritt man neue Wege. Entwicklungs-, Konstruktions-, und Designabteilung arbeiteten Hand in Hand, statt quasi nacheinander. Zudem betrieb man Marktforschung zu Wohn- und Kaufgewohnheiten, um Trends früh zu erkennen. Moderne Werkstoffe ermöglichten neuartige, innovative Formen, die problemlos in Serie gefertigt werden konnten.
All das spiegelt sich in der Loewe „line 2001“ ab dem Jahr 1968 wider. Man kann durchaus sagen, dass die Modelle, insbesondere die portablen, ein Rundumdesign besitzen, sich also von jeder Seite sehen lassen können. Das wird noch einmal wichtig werden. Pfiffig: Das elegante Steuergerät „ST 80“ konnte gar stehend, liegend oder hängend betrieben werden.
Design wird Strategie
1977 wird Dieter Motte Loewe-Geschäfts-führer. Motte arbeitete für Wega und hat in seiner Karriere bereits früh mit namhaften Industriedesignern gearbeitet. Motte besitzt eine andere Herangehensweise als Jünger, ihre Ziele jedoch decken sich. Eine exzellente Basis für kreative Prozesse, wie sich herausstellen sollte. Ein Element war, dass Loewe 1979 Design offiziell als Verkaufsargument definiert und kommuniziert. 1981 präsentierte Loewe mit dem „MCS“ den ersten Stereo-Fernseher in Europa. Mit seinem professionellen Look setzte das Modell klare Akzente.
Der große Wurf
1985 gelang Loewe ein echter Durchbruch. Der von Heinz Jünger designte „ART 1“ Fernseher erhält international höchste Aufmerksamkeit. Das als Standgerät konzipierte TV-Modell bildet eine einheitliche Front Bedienelemente und Lautsprecher sind verdeckt. Das gilt ebenso für die Anschlüsse auf der Rückseite des Fernsehers. Dank der stufigen Struktur, einer Pyramide ähnlich, kann der Loewe „ART 1“ wie eine Skulptur frei im Raum stehen. Mit ihm ist Loewe im Kreis der anerkannten Design-Marken angekommen.
er Designtheoretiker Michael Erhoff urteilte 1988: „Zweifellos zählt der „ART 1“ zu den ganz großen Würfen deutscher Formgestalter, wie sie einst nur dem Hersteller Braun gelangen“. Auch von Kunden wurde der „ART 1“, wie auch die auf ihm basierende „ART“-Produktfamilie, äußerst geschätzt. So blieb die Serie, immer wieder mit neuester Technik ausgestattet, insgesamt 12 Jahre am Markt. Mehr als bemerkenswert in einem Umfeld, in dem Produktzyklen mit zwei Jahren schon als lange betrachtet werden können.
Motte setzte neben einer internen Entwicklung auch auf externe Designer. 1988 startete eine Zusammenarbeit mit den Industrie-Designern Andreas Haug und Tom Schönherr von Phoenix Design Stuttgart. Ziel war es, neue, junge, technisch orientierte, aber doch anspruchsvolle Kunden anzusprechen. So entstand die Loewe „Concept“-Serie, die diesen Anspruch durch eine klare und progressive Linienführung untermauert. Auch diese Serie erfreute sich hoher Beliebtheit und heimste zahlreiche Design-Awards ein.1995 sorgte Loewe erneut für Aufsehen als man den „CS 1“ vorstellte. Der Fernseher war seiner Zeit weit voraus, bestand er doch zu einem großen Anteil aus recyclebaren Materialien wie Keramik und Metall.
„Cradle-to-Cradle“ nennt man das Prinzip auf neu-deutsch, bei dem am Ende des Produktzyklus die Materialien wieder dem Kreislauf zugeführt werden. Der ökologische Trendsetter schaffte es bis ins Kanzleramt. Ebenfalls 1995 besann sich Loewe auf die eigene Audioexpertise und wollte diese zu neuem Leben erwecken. Es entwickelten sich Partnerschaften unter anderem mit Yamaha, Bose aber auch der englischen Traditionsschmiede Linn. Linn setzte früh auf ein extrem minimalistisches Design und eine stringente Formensprache. Eigenschaften, die sich in den Loewe „Legro“ Hifi-Produkten wiederfinden. Zudem entwickelte sich Loewe so weiter vom TV- zum echten System-Anbieter.
Mein persönlicher Loewe
Es war auch in den Neunzigern als Loewe die Kunden mit einem veränderbaren Styling von Fernsehern überraschte. So konnte man am eleganten Modell „Arcada“ die Holzblenden ober- und unterhalb des Bildschirms auswechseln. Lediglich zwischen knallblau metallic, was wirklich cool aussah, glossy black und verführerisch edel erscheinendem Birnbaum musste man sich entscheiden. Zum Jahrtausendwechsel wurden Fernseher endlich flach. Das stellte aber neue Anforderungen an das Produktdesign. So entwickelte Loewe seinen ersten Flachbildschirm erneut zusammen mit Phoenix Design und erhielt im Jahr 2000 prompt den „Bundespreis Produktdesign“. Der Ansatz der Individualisierung steckte offenbar tief in den Köpfen der Loewe Entscheider. So startete man 2004 das Projekt MIP (Most Individual Product), das keinen geringeren Anspruch hatte, als Loewe eine neue, unverwechselbare Identität am Markt zu verleihen. Welcher Hersteller gibt Kunden die Möglichkeit hoch technische Produkte wie Fernseher oder Soundsysteme selbst zu gestalten? Das Projekt mündete in der Loewe „Individual“-Serie. Tatsächlich konnte man einen Flat-TV und ein Soundsystem noch nie so vielfältig nach eigenem Gusto konfigurieren und harmonisch auf den eigenen Wohnraum abstimmen. So passten die Werbe-Slogans „So sieht anspruchsvolles Privatfernsehen aus“ und „Das haben Ihre Ohren noch nicht gesehen“, wie die bekannte Faust aufs Auge. „Individual“ verknüpft Spitzentechnik, Qualität und Ästhetik mit der Möglichkeit, persönliche Akzente zu setzen.
Mit dem Spitzenmodell „Iconic“ setzt Loewe 2022 erneut ein Statement. Einzigartiges Design und exklusive und hochwertige Materialien, wie der Werkstoff Syno-Stone, erlauben eine richtungsweisende Formensprache. Eine Formensprache, die wieder höchste Anerkennung erhält – alleine in den Jahren 2021 und 2022 gibt es 36 Awards für herausragendes Design.
Unter den ganz Großen vorne
Loewe hat sich einen Platz unter den wahren Design-Marken erarbeitet. Stil und Design sind zum Markenkern der Kronacher geworden, technisch müssen sie ohnehin keinen Vergleich scheuen. In einer sich rasant entwickelnden Welt setzt Loewe klare Zeichen. Design und Emotion können miteinander verschmelzen. Wir dürfen auf die nächsten hundert Jahre gespannt sein.