Audio Special: High End Plattenspieler

Aller digitalen Revolution zum Trotz: Die gute alte Vinylschallplatte und damit die High End Plattenspieler feiern ein nachhaltiges Comeback.

Unsere Welt ist digital geworden. Kommunikation, Produktion, Verkehr, Einkauf, Erwerbsleben, Unterhaltung: Die Bits und Bytes eroberten fast alle Aspekte des modernen Lebens. Unwiderruflich, unerbittlich, immer schneller, immer umfassender, immer dominanter. Doch diese unumkehrbare Entwicklung erzeugte aus sich selbst heraus eine Gegenbewegung. Eine Rückbesinnung auf Entgegengesetztes. Sei es die Lust am Landleben, an alten Autos, an mechanischen Uhren, an gedruckten Büchern – oder eben an Schallplatten. Wer heute noch oder wieder LPs besitzt, kauft und hört, der folgt nicht irgendwelchen Algorithmen, die durch hektisch durch gewischte Favoritenlisten oder durch Sekundenbruchteile durchgezappter „könnte Ihnen auch gefallen“ Happen führen. Sondern er oder sie nimmt sich das wertvollste Gut unserer Zeit, nämlich die Zeit. Schallplatten zu hören spricht mehrere Sinne an. Die erwählte Scheibe hervorziehen, aus der Hülle nehmen, auflegen.

Wie in alten Zeiten: Der Kieler Lautsprecherspezialist Elac fing mal mit Tonabnehmern und Plattenspielern an. Jetzt baut er auch wieder Plattenspieler: hier der riemengetriebene Miracord 90.

Die Nase hat vielleicht erinnerungsträchtige Aromen an dem Cover erschnuppert, die Hände haben einen fühlbaren Tonträger berührt, die Augen haben all das begleitet und können nun, wenn sie vom Cover-Studium aufschauen, der Nadel bei ihrer Wanderung durch die Rillenspirale zuschauen. Unser Hirn stellt eine direkte Beziehung zwischen Tätigkeit und Nutzen her. Wir haben konkret etwas dafür getan, dass die Beatles nun „Michelle“ oder die Rolling Stones „Angie“ anschmachten. Bei wildem Herumgetippe auf dem Tablet stellt sich dieser Zusammenhang bestimmt nicht ein.

High End Plattenspieler: Nicht nur für Nostalgiker

Vor über 70 Jahren, am 21. Juni 1948 stellte Columbia Records die Langspielplatte der Weltöffentlichkeit vor. Der Siegeszug der in Polyvinylchlorid gepressten Long Playing Record läutete den Untergang der Schellackplatte ein und förderte den Durchbruch der High Fidelity. Erst recht, als man die schwarze Rille im Jahr 1958 stereophon, also mit Zweikanalton, kommerziell einführte. Die LP wurde weltweit zum beherrschenden Medium einer Musikindustrie, deren Umsätze mit wachsendem Wohlstand in ungeahnte Höhen schossen.
Bedeutend schneller noch stieg seit 1982 die digitale Compact Disc in den kommerziellen Himmel. Und schien nach sechs Jahren dem analogen Format LP den Garaus gemacht zu haben. Und heute? Der Bundesverband Musikindustrie veröffentlichte als letzte offizielle Zahl den Umsatz der ersten drei Quartale 2019, der in Deutschland erneut um 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zulegte, mit rund 2,17 Millionen Einheiten und damit 7,3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Schallplattengenuss spricht alle Sinne an. Deshalb lieben es Menschen mehr als Digitalgedudel.

Der Vorstandsvorsitzende des BVMI, Dr. Florian Drücke meint: „Das Vinyl Comeback ist weitaus mehr als nur eine schöne Geschichte für Nostalgikerinnen und Nostalgiker.“ Seit zwölf Jahren steigt die Vinylkurve an, einzig 2018 gab es einen kleinen Durchhänger.
Ein Boom? Lassen wir die analoge Kirche im digitalen Dorf: Der Marktanteil der meist schwarzen Scheiben beträgt in Deutschland durchaus überschaubare 4,6 Prozent am Gesamtumsatz mit Musik. Die totgesagte CD trägt noch immer rund 25 Prozent bei. Und: 2019 streamten die Deutschen 107 Milliarden (!) kostenpflichtige Titel ab einer Länge von 31 Sekunden.

Hände weg vom Billigschrott

Doch in ihrer Nische hat sich die LP wohl dauerhaft eingenistet. Und mit ihr haben sich auch die Plattenspieler längst aus dem kommerziellen Tal hinausgearbeitet. Plattenspieler gibt es heute wieder in allen möglichen Formen, Farben und Preisklassen. Traditionsmarken wie Technics, Dual, Thorens und sogar Perpetuum Ebner spielen noch oder wieder mit. Unmöglich, hier alle abzuhandeln. Dringender Tipp aber an Ein- oder Wiedereinsteiger: Finger weg von Billigplastik für 79 Euro und ähnlichem. Der macht erstens keinen Spaß, klingt fürchterlich und geht rasch kaputt.

Adel verpflichtet: Wenn Deutschlands Vorzeige-High Ender Burmester einen Plattenspieler baut, muss etwas ganz Besonderes herauskommen. Und der Burmester 175 ist nun definitiv sensationell.

Viele Laien können kaum glauben, dass es Klangunterschiede bei Laufwerken, Tonarmen und Tonabnehmern gibt. Doch in einer Welt, wo tausendstel Millimeter Rillenauslenkung die Musik auf der Schallplatte speichern, entscheiden feinste Unterschiede. Und da sind moderne Plattenspieler einfach gut geworden. Ab 250 bis 300 Euro – weniger sollte es wirklich nicht sein – gibt es schon Spieler mit hohem Spaßfaktor.
In den meisten Fällen dürfte den auch ein neuer Spieler mehr bieten als der berühmt-berüchtigte „Dachbodenfund“ mit Papas Player von anno Toback. Meist sind „unsichtbare“ Teile wie das Plattentellerlager, die Tonarmlager, die Steuerelektronik und / oder die Abtastnadel hinüber. Den Wiederaufbau sollte man unbedingt einem Fachmann überlassen – und das kann im Zweifelsfall viel teurer werden als der Neukauf beim media@home-Händler. Denn der kann auch in solch kniffligen Dingen wie dem Tonabnehmereinbau und der Justage weiterhelfen.

High-End Audio: Galerie Plattenspieler

Nicht verzagen, Händler fragen

Wir bilden auf diesen Seiten einige ausgewählte, bewährte und auch messtechnisch saubere Dreher ab – Ihr media@home Händler wird sicher den einen oder anderen davon vorführen können. Noch ein paar Ratschläge an Vinylnovizen: Stellen Sie die Spieler immer exakt waagerecht auf eine stabile Unterlage (auf keinen Fall auf ein anderes Gerät!), schauen Sie, ob Sie einen Verstärker mit einem so genannten Phonoeingang haben. Denn die sogenannten Moving Magnet (MM)-oder Moving Coil (MC)-Abtaster in guten Plattenspielern brauchen einen sogenannten Vorvorverstärker (oder Phono Pre oder Entzerrer-Vorverstärker), der ihre schwachen Signale aufpeppt. Sollte Ihr Verstärker keinen solchen Eingang haben: Ab etwa 100 Euro gibt es manierliche externe Geräte. Auch hier gilt: im Zweifelsfall den media@home-Fachhändler fragen.

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