Ein externer Phonoverstärker kann dem LP-Klang einen gehörigen Schub nach vorn verpassen. Wir stellen ein paar bezahlbare Kraftpakete vor und klären, wann sie sich lohnen.
Analog ist nicht wirklich analog. Jedenfalls nicht so ganz. Man könnte meinen, dass die natürlichen Schallwellen von Stimmen und Instrumenten 1:1, also analog in den wellenförmigen Auslenkungen einer Schallplattenrille gespeichert sind. Sind sie aber nicht. Jedenfalls nicht so ganz. Wenn der Stichel die Musik in die Rillenspirale schneidet, müssen die Bässe erheblich abgesenkt und die Höhen ziemlich stark angehoben werden, weil sonst der Platzbedarf viel zu groß wäre und hohe Töne im Oberflächenrauschen des Vinyls untergehen würden. Bei der Wieder-gabe muss das Ganze spiegelbildlich wieder rückgängig gemacht werden, sonst klängen LPs dünn und ätzend piepsig.
Dieser Job, auch Entzerrung genannt, gehört ins Pflichtenheft jedes Entzerrervorverstärkers, auch Phono(vor)verstärker, Phonoamp oder Phono-Pre genannt. Zu-dem muss er die winzigen Signalspannungen, die ein Tonabnehmer der gehobenen Qualitätsklasse so liefert, ziemlich kräftig verstärken, was den zweiten Teil seines Gattungsnamens erklärt. Die kleinen Signale eines Moving-Magnet (MM) Tonabnehmers muss er im Schnitt so um den Faktor 100 lupfen. Bei den noch leiseren (Low Out-put) Moving Coil (MC) Abtastern gilt sogar Faktor 1000, teils bis zu 4000.
Phonovorverstärker: Gewaltige Arbeit
In der Technikersprache bedeutet das einen Spannungshub (Gain) von um die 40 Dezibel (dB) beziehungsweise 60 bis 72 dB in dieser logarithmischen Maßeinheit. Zum Vergleich: Die sogenannten Hochpegelquellen liefern der HiFi-Zentrale, gemeinhin ein Vor- oder Vollverstärker (letzterer hat die Endstufen mit an Bord), so viel Spannung, dass sie meist eher mit dem Lautstärkeregler abgesenkt werden muss und nur, wenn es sehr hochkommt, mit meist maximal 12 dB gepäppelt wird.
So ein Phonoamp muss also vergleichsweise gewaltige Arbeit erledigen. Denn bei solchen Hüben aus so niedrigem Niveau heraus, noch dazu mit Bassanhebung und Höhenabsenkung, liegen vielerlei Gefahren auf dem Signalweg. Vor allem natürlich, dass die natürlichen Feinde der High Fidelity, Rauschen und Brummen, mit verstärkt werden. Wie stark der Phono-Pre ie aus dem Nutzsignal heraushalten kann, darüber gibt der Fremdspannungsabstand oder Rauschabstand Auskunft. Auch er wird gemessen in dB, wobei die Prospektangaben da bisweilen Lyrik verbreiten.
Wenn unabhängige Labore für Testmedien über 70 dB für MM und über 60 dB für MC ermitteln, ist das gut. Wenn die Werte 80 oder 75 übertreffen, überragend.
Ausgeglichene Bilanz
Zweite Anforderung ist ein linearer Frequenzgang. Der Amp sollte keinen Frequenzbereich, also Bässe, Mitten, Höhen, lauter wiedergeben als andere. Dazu legte die Recording Industries Association of America RIAA Ende der 1950er Jahre eine Norm fest, wie stark und ab welcher Frequenz Bässe anzuheben und Höhen abzusenken sind. Kommt hinter der Entzerrung ein linealglatter Frequenzschrieb im Messlabor heraus, arbeitet der Amp linear, zeigt also eine ausgeglichene Bilanz. Dritte Anforderung: Verstärker rücken dem Signal nicht nur mit linearen Verzerrungen zu Leibe, sondern auch mit harmonischen Verzerrungen, dem sogenannten Klirr. Diese Beimengungen unerwünschter Oberwellen misst man meist in Prozent.
Auch hier herrscht Prospekt-Lyrik. Aussagekräftiger sind sogenannte Verzerrungsdiagramme, deren Kurven möglichst wenige „Ausreißer“ abbilden sollten. Die Anforderungen zwei und drei hängen auch davon ab, wie gut Tonabnehmer und Eingangsstufe des Phonoamp elektrisch zueinander passen. Bei MM-Tonabnehmern spielt die Kapaziät, gemessen in Picofarad pf, eine Rolle, bei MC-Systemen der Ab-schlusswiderstand, gemessen in Ohm. In den gehobenen Klassen bieten Phono-Pres öfter die Möglichkeit, diese Werte anzupassen. Ihr Media@Home-Händler hat sicher einen Analog-Fachmann, der da neutral berät.
Phonovorverstärker: Integrierte Lösungen
Der technische Fortschritt ermöglicht es heute, Phono-Pres auch schon gehobener Qualität in sogenannten Operationsverstärkern oder sogar integrierte Schaltkreise einzubinden. Deshalb ist es auch möglich, schon durchaus akzeptable Phonostufen bereits an der Quelle, sprich im Plattenspieler einzubauen. Das ist für Einsteiger sicher erst einmal die bessere Lösung, denn die meisten im CD-Zeitalter gebauten Vollverstärker im bezahlbaren Bereich boten erst gar keine Phonoeingänge. Und wenn, dann waren es oft Alibi-Amps billigster Bauart.
Externe Helfer
In solchen Fällen, oder wenn die klanglichen Ambitionen steigen, sind dann externe Phonostufen eine veritable Möglichkeit zum Klangtuning. Sie werden staunen, was eine gute Phonostufe bringen kann. Manche Tonabnehmer, die am alten Vollverstärker müde, mumpfig, scheppernd oder schrill tönten, können am richtigen Pre zu regel-rechten Überfliegern werden.
Die Energiespender müssen übrigens nicht die Welt kosten, wir stellen Ihnen auf diesen Seiten Modelle vor, die nicht mehr als ein paar LPs kosten und trotzdem deren Genuss auf ein neues Level heben können. Was Sie dabei an Ausstattung und Features brauchen, obliegt ihren Ansprüchen. Längst gibt es Phonostufen mit Bluetooth-Sendern oder mit Digitalausgängen, es gibt solche mit mehreren Eingängen für mehrere Plattenspieler oder mit höchst differenzierten Anpassungsmöglichkeiten. Wer unbedingt will, kann auch über 10000 Euro für einen Phono-Pre ausgeben. Es geht aber auch erheblich günstiger. Zum Glück.