Klassiker Schallplatte: Forever Young

Klassiker Schallplatte - Forever Young

Die CD ist praktisch, aber irgendwie out. Streaming ist hip und der große Wachstumsmarkt, aber nicht cool! Ob jung oder alt, immer mehr Musikfreunde erliegen dem Klassiker Schallplatte – heute wie vor 50 Jahren. Die Schallplatte bleibt ewig jung.

Das haben sich die Herren von Philips und Sony so sicher nicht vorstellen können, als sie am 15. April 1981 voller Stolz gemeinsam mit Herbert von Karajan in Salzburg die Compact Disc der Weltöffentlichkeit präsentierten. Mit der neuen, enorm praktischen Technologie, wollten sie die analoge Schallplatte in den Ruhestand schicken und eine neue Ära einläuten. Nun, das gelang ja beinahe auch. Es entwickelte sich ein komplett neues, äußerst ertragreiches Geschäftsfeld und die CD wurde über gut drei Jahrzehnte das Wiedergabemedium schlechthin. Allerdings wissen wir heute, dass quasi nichts schneller altert als Digitaltechnik. Prozessoren mit immer höherer Leistung eröffnen neue Möglichkeiten. Längst buhlen Streaming-Dienste wie Spotify, Qobuz, Tidal und Co. um die Gunst der Musikhörer und konkurrieren mit der CD – ohne physische Tonträger. Das ist praktischer als es die CD je war. Wer braucht da noch eine Schallplatte? Die rauscht, die knistert mal, auf die muss man Acht geben, sie pflegen, nicht minder den Plattenspieler. Der will fein säuberlich justiert werden, nimmt unabsichtliche Schubser übel und benötigt, wenn mit Riemenantrieb, irgendwann auch einen neuen Riemen. Zudem ist nach gewisser Zeit ein neuer Tonabnehmer fällig. Die Abtastung der Platte ist nun mal mechanisch. Ach ja, von Titel zu Titel hüpfen – Fehlanzeige.

Bestseller: Thriller

Kein Album wurde öfter verkauft. Über 66 Millionen Mal ging „Thriller“ von Michael Jackson über den Ladentisch. Als Schallplatte klingt das von Quincy Jones produzierte Meisterwerk über gute Platten-spieler einfach noch packender als digital.

Vinyl eint Alt und Jung

Also was geschieht da seit einigen Jahren? Besucht man heute einen gut sortierten Elektrofachmarkt, ist man erstaunt, dass die Vinyl-Abteilung oft größer ausfällt als die für CDs. Noch mehr erstaunt den interessierten Beobachter das Publikum. Neben den in die Jahre gekommenen audiophilen Freaks, die Vinyl stets die Treue hielten, sind es viele junge Menschen, die die Auslagen nach musikalischen Schätzen durchforsten. Und die sind so prall gefüllt wie Jahrzehnte nicht. Zudem kommen Neuerscheinungen sofort auch auf Vinyl. Aktuell führt Iggy Pop mit seinem Album Every Loser die LP-Charts an. Die Faszination der Schallplatte hat die jungen Generationen erreicht, nicht zuletzt dank der angesagten Clubszene, berühmter DJs und elektronischer Musik.

Die moderne Welt wird immer digitaler. Musik von Vinyl aber besitzt Charme und setzt noch immer Akzente.

Man lasse sich die Zahlen auf der Zunge zergehen. Wurden zwischen 2000 und 2010 in Deutschland um die 500.000 Schallplatten pro Jahr verkauft, waren es bei der CD über 100 Millionen per anno. Kein Wunder, dass ein Presswerk nach dem anderen seine Pforten schloss. 2012 aber erreichte der LP-Umsatz wieder die Millionengrenze und steigt seitdem unaufhörlich. 2021 lag er bei über 4,5 Millionen (Quelle: Bundesverband der Musikindustrie) und hat sich damit binnen eines Jahrzehnts mehr als vervierfacht. Gewiss, die CD liegt noch bei 39 Millionen, ihre Zielgruppe ist breiter gefächert, doch die Kurve fällt rasant. Und neben dem natürlichen Klang, wer kann sich der Ausstrahlung der Schallplatte wirklich entziehen?

Wo rohe Kräfte sinnvoll walten: Die schrankgroßen Vinyl-Pressmaschinen wirken martialisch. Doch je präziser und sauberer die Pressung, umso besser der Sound. Hier die moderne Fertigungsstraße von Optimal Media.

Mit der steigenden Nachfrage wuchs die Anzahl der Presswerke wieder. Aktuell sind es acht, alleine in Deutschland. Einige bieten sogar Kleinauflagen in verschiedenen Qualitätsstufen an, was es weniger bekannten Labels ermöglicht, die Musik ihrer Künstler auf Vinyl zu veröffentlichen. Sie legen oft besonderen Wert auf die Qualität. Pressung und Material entscheiden mit über den Klang der analogen Scheibe.

Phönix aus der Asche

Richtig viel hat sich auf der Seite der Hersteller von Plattenspielern getan. Preiswerte Plug-n-Play-Spieler mit und ohne integrierten Lautsprecher, smarte Modelle mit USB-Anschluss oder Bluetooth, über audiophile Einsteigermodelle, robuste DJ-Player, bis hin zu highendigen Schwergewichten – der Markt ist so bunt wie nie. Manch in den Achtzigern durch die CD schwer gebeutelte Traditionsmarke erlebt gar eine echte Renaissance. So wie Dual und Thorens, deren Namen auf immer untrennbar mit der Schallplatte verbunden sind. Thorens knüpft aktuell mit einer Neuentwicklung des 1957 vorgestellten, legendären TD 124 in Form des TD 124 DD an. Im Jahr 1965 entwickelte Thorens den TD 150, den ersten riemengetriebenen Plattenspieler mit Subchassis zur Entkopplung des Plattentellers von Antriebs-motor und Untergrund. Das gefederte Chassis wurde zum Welterfolg. So wie auch der 1972 vorgestellte Technics SL-1200. Audiophile hatte der japanische Konzern dabei weniger im Auge als viel mehr jüngere Musikfreunde, die gerne auf Partys selbst auflegen. Selbst Scratching war und ist kein Problem für den unverwüstlichen Dauerläufer. Zum fünfzigsten Jubiläum präsentiert Technics den SL-1200 M7L in limitierter Auflage. Als Profiversion SL-1210 genießt der Direktantriebler unter Discjockeys in aller Welt Kultstatus.

Sl-1200

Analog ist bunt wie das Leben1972 stellte Technics den direkt angetriebenen SL-1200 vor. Der robuste Player erfreute sich schnell hoher Beliebtheit unter Musikfreunden wie DJs. Über die Jahre immer wieder verfeinert, wurden 3,5 Millionen Stück verkauft.

Im Grunde gibt es keinen namhaften Hersteller, der heute keinen Analogdreher im Programm führt. Besonders belohnt aber werden jene Unternehmen, die bereits zu Beginn der digitalen Ära konsequent auf Analog setzten. Hier seien exemplarisch der englische Hersteller Rega und die deutsche Highend-Manufaktur Clearaudio genannt, die weltweit synonym für hochwertige Analogtechnik stehen. Die 1991 gegründete und damit vergleichsweise junge Marke Pro-Ject entwickelte sich ebenfalls prächtig und liefert die in Europa gefertigten Laufwerke in über 80 Länder.
Die Schallplatte ist wieder gefragt, beliebt und geschätzt – nicht zuletzt wegen der nachwachsenden Generationen. Und die Entwicklung geht weiter. Das schwarze Gold ist ein ewiger Jungbrunnen und eine Erfolgsgeschichte, wie es wohl keine zweite gibt.

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